Die Finanzielle Zusammenarbeit ist auch nach knapp 60 Jahren noch nicht reif für die Rente, sondern kann durch die Nutzung komparativer Vorteile und innovativer Ansätze sowie durch den Fokus auf Qualität und Wirkung einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele zur nachhaltigen Entwicklung (SDGs) und der Klimaziele leisten.
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist seit fast 60 Jahren im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in der Finanziellen Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, kurz FZ, aktiv. Doch nichts deutet darauf hin, dass diese Kooperationsform veraltet ist. Im Gegenteil: Die KfW ist in vielen Ländern nicht nur als finanzkräftiger Partner für maßgeschneiderte Finanzierungslösungen vom Zuschuss bis zum marktnahen Förderkredit, sondern auch als praxis-erfahrener Wissensträger gefragt. Denn bei der FZ geht es nicht nur um Finanzierung, sondern die KfW steht den Projekten über die gesamte Laufzeit von der Konzeption über die Vorbereitung und Begleitung bis zur Ex-Post Evaluierung mit Rat und Tat zur Seite. Das BMZ hat seinen FZ-Haushalt in den letzten Jahren weiter erhöht und die KfW ergänzt die Bundesmittel mit Geldern vom Kapitalmarkt. So haben sich die jährlichen FZ-Neuzusagen seit der Jahrtausendwende vervierfacht und repräsentieren aktuell mehr als 25 Prozent der gesamten offiziellen deutschen Entwicklungshilfeleistungen (ODA).
Internationale Zusammenarbeit bleibt wichtig
Trotz großer Entwicklungserfolge bleibt für die internationale Zusammenarbeit noch Einiges zu tun: Millionen Menschen leiden weiterhin unter Armut und Hunger und es gibt eine zunehmende Zahl fragiler Staaten, die infolge andauernder Krisen und Konflikte kaum noch in der Lage sind, ihre Bevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen. Wirtschaftlich weit fortgeschrittene Schwellenländer glänzen zwar zwischenzeitlich mit hohem Wirtschaftswachstum, doch sie leiden oft unter extrem ungleicher Einkommensverteilung und können schnell aus dem Gleichgewicht geraten, wie das Beispiel von Brasilien derzeit verdeutlicht. Fast alle Länder sind zudem immer unmittelbarer mit den Folgen globaler Phänomene wie dem Klimawandel, der Urbanisierung oder der Flüchtlingsproblematik konfrontiert.
Renaissance der Entwicklungsbanken
Bei der Entwicklungs- und Klimafinanzierung treten neue Akteure auf den Plan: Einige Nicht-Regierungsorganisationen (NRO) und Stiftungen verfügen über mehr Kapital als manche Geberländer, Schwellenländer gründen neue nationale und internationale Entwicklungsbanken und private Unternehmen und Fonds investieren zunehmend in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die klassischen bi- und multilateralen Entwicklungsbanken werden dadurch nicht obsolet, sondern erleben spätestens seit den großen Entwicklungs- und Klimakonferenzen des Jahres 2015 eine Renaissance. Denn Entwicklungsbanken können nicht nur knappe Haushaltsmittel mit Kapitalmarktgeldern hebeln, sie sind auch ein wichtiges Bindeglied zwischen öffentlichem und privatem Sektor und haben eine entscheidende Katalysatorfunktion für private Investitionen sowie für die Steigerung der nationalen Einnahmebasis in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Komparative Vorteile nutzen
Die veränderten globalen Kräfteverhältnisse haben auch Auswirkungen auf die „alten“ Geber und Entwicklungsakteure. Internationale Zusammenarbeit ist immer weniger geberdominierter Nord-Süd-Transfer, sondern zunehmend eine Partnerschaft auf Augenhöhe. Für die FZ, die stets mit lokalen Umsetzungsstrukturen arbeitet, war diese Nachfrage- und Partnerorientierung schon immer ein fest verankertes Prinzip. Die FZ nutzt außerdem einen komparativen Vorteil der KfW, den weltweit keine andere Institution für sich beanspruchen kann: Die KfW ist sowohl Förderbank in Deutschland als auch internationale Entwicklungsbank und greift zudem auf die besondere Expertise ihrer Töchter, der auf die Privatwirtschaftsförderung spezialisierten DEG sowie der in der Export- und Projektfinanzierung tätigen IPEX Bank zurück. Besonders deutlich wird dies im Bereich der Umwelt- und Klimafinanzierung, wo die KfW weltweit größter Financier überhaupt ist.
Fokus auf Infrastruktur und Finanzsektor
Eine kritische Größe ist ein wesentlicher Faktor um spürbare Wirkungen zu erzielen. Noch wichtiger als Masse ist jedoch Klasse, denn Entwicklungs- und Schwellenländer können inzwischen vieles selbst und erwarten von internationaler Seite zu Recht einen echten Mehrwert und eine hohe Qualität. Angesichts der Institutionenvielfalt wird die internationale Zusammenarbeit dabei immer arbeitsteiliger. Die FZ sollte sich daher weiter auf zwei Bereiche konzentrieren, in denen sie ein global anerkannter Spezialist ist: Infrastruktur und Finanzsektor. Bei der Infrastruktur klafft eine immense Finanzierungslücke zur Erreichung der globalen Entwicklungs- und Klimaziele. Neben den weiter wichtigen Sektoren Energie, Wasser, Bildung, Gesundheit, Ressourcenschutz und Biodiversität kommt den Themen Stadtentwicklung und Mobilität eine größere Bedeutung zu. Und im Finanzsektor werden die weitere Digitalisierung und die Stärkung lokaler Kapitalmärkte in den Vordergrund rücken. Klima- und Umweltschutz wird bei fast allen FZ-Aktivitäten Haupt- oder Nebenziel sein und die Einhaltung internationaler Umwelt- und Sozialstandards eine conditio sine qua non. Die FZ ist kein reiner Liquiditätslieferant, sondern ergebnisorientierter – und dadurch manchmal unbequemer – Partner für strukturelle Reformen.
Innovative Förderansätze
„Crisis is the new normal“ und auch die FZ ist zunehmend im Krisenkontext aktiv, von der Beschäftigungsförderung für syrische Flüchtlinge über den Aufbau eines Friedensfonds im Kongo bis hin zu einem Sektorprogramm zur Friedensentwicklung in Kolumbien. Um schnell und wirksam auf Krisen zu reagieren bzw. möglichst im Vorfeld schon Krisenvorsorge zu betreiben, müssen FZ-Ansätze und Verfahren weiterentwickelt werden. Ein vielversprechendes Instrument sind Versicherungen, wie sie die FZ u.a. im Bereich der Dürreversicherung für mehrere afrikanische Länder finanziert. Der übliche Zyklus von Krise-Hilfsappell-Notmaßnahmen kann so durch ein vorsorgendes und damit reaktionsschnelles und effizientes Kooperationsmodell ergänzt werden. Auch jenseits des Krisenkontexts kann die FZ ihre Wirkung durch neue Förderansätze erhöhen: So fördern Green Investment Programme und das sog. Policy Based Lending Reformprozesse in Partnerländern über die Einzelprojektebene hinaus, z.B. zur Unterstützung der SDG-Erreichung oder der Nationalen Klimapläne (NDCs). Außerdem werden die Einsatzmöglichkeiten der FZ durch den Ausbau von Kommunal- und Lokalwährungsfinanzierung sowie den verstärkten Einsatz von Garantien sinnvoll erweitert. Innovative Ansätze sind jedoch kein Selbstzweck, sondern die Form muss der Funktion folgen.
Ergebnisse und Wirkungen zählen
Die internationale Zusammenarbeit ist mittlerweile kein Nischenthema mehr, sondern rückt immer stärker ins Blickfeld von Politik und Öffentlichkeit. Mit dieser erhöhten Aufmerksamkeit steigen die Anforderungen an nachweisbare Ergebnisse und Wirkungen. Wachsende Transparenz und verbes-serte technische Möglichkeiten des Monitorings sorgen dafür, dass nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt. Für eine deutsche FZ mit Fokus auf einer verantwortungsvollen und zielgerechten Förderung sowie einer soliden entwicklungs- und klimapolitischen Qualität ist dies eine gute Grundlage für die Zukunft. Die FZ leistet so einen wichtigen Beitrag dazu, dass es nicht weitere 60 Jahre dauert, bis SDGs und Klimaziele erfüllt sind.