Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit: Notwendigkeit für wirksamere internationale Kooperation

Foto: Ein Reisepass

Es wird Zeit für eine entwicklungspolitische Strategiedebatte

Die gegenwärtigen Turbulenzen und Krisenerscheinungen im internationalen Umfeld sind enorm. Gewaltkonflikte auch in unmittelbarer europäischer Nachbarschaft, ein erheblicher Flüchtlings- und Migrationsdruck, in weiten Teilen zunehmende Ungleichheiten zwischen Staaten und innerhalb von Ländern sowie die Folgen des Klimawandels sind einige der prägenden globalen Herausforderungen. Allerdings lassen sich bei der Bearbeitung von globalen Problemen in verschiedenen Bereichen auch Fortschritte erkennen.

Die Klimaschutzvereinbarungen von Paris (Dezember 2015) und Kigali (Oktober 2016) sowie die im vergangenen Jahr verabschiedete Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zeigen, dass es Regierungsvertretern in den letzten Monaten mehrfach gelungen ist, grundlegendende globale Vereinbarungen erzielen zu können.

Gleichwohl: All die ausstehenden globalen Herausforderungen erfordern wirksamere, gemeinsame grenzüberschreitende Anstrengungen. Alle Politikfelder haben Begrenzungen, etwa, weil sich die Kapazitäten für die Beteiligung an Friedensmissionen nicht beliebig aufstocken lassen oder Klimaziele mehr Ressourcen für erneuerbare Energien erfordern würden. Und grenzüberschreitend und innerhalb von Ländergrenzen müssen für Lösungen sehr heterogene Akteursgruppen (Privatwirtschaft, zivilgesellschaftliche Gruppen, Parlamente, Regierungen etc.) kooperieren; hier ist gemeinsames Handeln oftmals wegen Interessendivergenzen schwierig. Funktionierende Multi-Akteurs-Partnerschaften (wie etwa die Extractive Industries Transparency Initiative / EITI) haben daher mittlerweile zu Recht einen hohen Stellenwert, weil diese wichtige Triebfedern für positive Veränderungen sind.

Anhaltend wichtig ist das Zusammenwirken von nach außen gerichteten Politikfeldern: Außen-, Verteidigungs- und Handelspolitik sowie Entwicklungszusammenarbeit kohärenter aufzustellen und eventuelle Zielkonflikte zu lösen, sind bekannte Herausforderungen. Die Zusammenarbeit ist auch innerhalb von Regierungen anspruchsvoller geworden, da internationale Anstrengungen zunehmend mit klassischen „innenpolitischen“ Themen verknüpft sind (und umgekehrt!). Und nicht jedes Politikfeld verfügt über breite internationale Erfahrungen und funktionierende internationale Kooperationsinstrumente mit zum Teil schwierigen Partnern.

Heutige Debatten über die Zukunft der Entwicklungszusammenarbeit müssen all dies in Rechnung stellen. Bekannte wichtige Aufgaben gilt es weiterhin zu lösen. Trotz aller Fortschritte sind in der Armutsbekämpfung bei weitem noch nicht alle Ziele erreicht. Dies macht möglichst wirksame entwicklungspolitische Ansätze erforderlich. Hier geht es oft um innovative Antworten auf die Frage, wie bessere entwicklungspolitische Ansätze aussehen sollten. Wodurch können Veränderungen besser als in der Vergangenheit befördert werden, wie lassen sich nachweisbare Resultate erzielen? Was genau sollten entwicklungspolitische Beiträge anders machen, um der Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals / SDGs) zu dienen?

Bild: Infografik Fragmentierung der EZZugleich gilt es aber angesichts der hohen Dynamik in den internationalen Beziehungen, sich der Gestaltungsmöglichkeiten und–grenzen bewusst zu werden. Entwicklungszusammenarbeit kann nicht einfach als Patentrezept für die Bearbeitung aller globalen Probleme benannt werden. Zugleich kann Entwicklungszusammenarbeit in besonderer Weise an der Bearbeitung von Themen in Entwicklungsregionen und eventuell auch jenseits von traditionellen geographischen Grenzen der Entwicklungszusammenarbeit ansetzen. Ebenso gilt es, mit den Gestaltungsmächten jenseits der etablierten Industriestaaten, wie beispielsweise China, Indien und Brasilien, gemeinsame Strategien zur Bearbeitung globaler Probleme zu finden und umzusetzen. Hier stellt sich die Frage, wie entwicklungspolitische Kooperationsansätze mit diesen Ländern aussehen sollten.

Eine entwicklungspolitische Strategiedebatte in Deutschland

Die kommenden Monate werden für die Entwicklungszusammenarbeit und andere Politikfelder in Deutschland aus verschiedenen Gründen von großer Bedeutung sein. Im Vorfeld der Bundestagswahlen im September 2017 wird die Entwicklungszusammenarbeit einen wichtigen Platz einnehmen. Deutschland wird zudem den Vorsitz in der G20 übernehmen und strebt u.a. neue Initiativen in der Zusammenarbeit mit Afrika an. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat darüber hinaus mit der „Zukunftscharta“ ein ambitioniertes Programm für politisches und gesellschaftliches Handeln vorgelegt. Und die Flüchtlings- und Migrationsherausforderungen dürften auch in den kommenden Jahren von anhaltend hoher Bedeutung bleiben und weitere Antworten erfordern.

Eine intensive öffentliche Diskussion zur Rolle der Entwicklungszusammenarbeit ist deshalb wichtig und wünschenswert. Aus diesen Gründen möchten wir in den nächsten Monaten eine breite Debatte in Deutschland befördern, die diese Themen aufgreift. Wir möchten Raum geben für eine strukturierte Diskussion zur „Zukunft der deutschen Entwicklungszusammenarbeit“. In den kommenden Monaten werden wir unterschiedliche Perspektiven einladen, sich zur Zukunft des gesamten Politikfeldes, einzelner Aspekte oder den Berührungspunkten zu anderen Ansätzen in Form von Blogbeiträgen Gedanken zu machen. Einladen möchten wir u.a. Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, der im Bundestag (derzeit und in der letzten Legislaturperiode) vertretenden Parteien, der Bundesregierung, des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission, den entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen, der Zivilgesellschaft und der Privatwirtschaft. Eingeladen sind zudem verschiedene Beiträge von internationalen Autorinnen und Autoren.

Wir planen, in jeder Woche rund ein bis drei Blogbeiträge zu veröffentlichen. Die meisten Beiträge werden auf Deutsch, einige wenige in englischer Sprache (ohne Übersetzung) erscheinen. Die Autorinnen und Autoren können und sollen sich zur übergreifenden Ausrichtung der deutschen, der europäischen und der internationalen Entwicklungszusammenarbeit im Kontext anderer Politikfelder, der Umsetzung der 2030 Agenda, der Kooperation mit einzelnen Ländergruppen (wie Subsahara-Afrika und Nordafrika/Nahost oder der Gruppe der Gestaltungsmächte) sowie zu Innovationen bei konkreten entwicklungspolitischen Ansätzen positionieren. Wir werden die Beiträge nicht nach inhaltlichen Blöcken erscheinen lassen, sondern Themen in wechselnder Reihenfolge behandeln. Leserinnen und Leser sind zudem eingeladen, sich mit einer Kommentierungsfunktion zu den Blogbeiträgen zu äußern!

Sollten Sie Fragen oder Anregungen zu diesem neuen Blog haben, können Sie uns gerne unter dieser E-Mail-Anschrift kontaktieren: zukunft.EZ@die-gdi.de

Bild: Stephan Klingebiel is Head of the Research Programme “Inter- and transnational Cooperation” at the German Institute of Development and Sustainability (IDOS).

Stephan Klingebiel is Head of the Research Programme “Inter- and transnational Cooperation” at the German Institute of Development and Sustainability (IDOS).

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