Eine höhere Transparenz der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) ist Voraussetzung für eine funktionierende Rechenschaftslegung in Geber- und Partnerländern und ein wichtiger Teil der Agenda der 2011 in Busan beschlossenen Globalen Partnerschaft für wirksame Entwicklungskooperation (GPEDC). Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sieht Transparenz als einen wichtigen Aspekt der deutschen Entwicklungspolitik, ist Gründungsmitglied der International Aid Transparency Initiative (IATI) und berichtet im 15. Entwicklungspolitischen Bericht, der im April 2017 vorgestellt wurde, über bereits gemachte Fortschritte.
Aber wie transparent ist die deutsche EZ in der Praxis, welche Informationen werden berichtet und welche weiteren Schritte sind notwendig?
Auf dem 4. Hochrangigen Forum über die Wirksamkeit der EZ in Busan (2011) haben sich die Entwicklungsakteure dazu verpflichtet, bis 2015 vollständige Informationen über öffentlich finanzierte Entwicklungsaktivitäten zugänglich zu machen, um die Rechenschaftslegung zwischen Geber- und Partnerländern sowie gegenüber der Zivilgesellschaft und den Parlamenten zu stärken. Diese Verpflichtung wurde auf den hochrangigen Treffen der GPEDC in Mexiko-Stadt (2014) und Nairobi (2016) bestätigt. Nur wenn Zugang zu umfassenden und validen Daten über eingesetzte finanzielle Mittel, geographische Lage, Aktivitäten und Ergebnisse von EZ-Vorhaben gegeben ist, können EZ-Akteure für Ihre Aktivitäten zur Rechenschaft gezogen werden. Für Regierungen der Partnerländer sind mehr und bessere Informationen über EZ-Vorhaben zentral für die Budget- und Programmplanung sowie die Durchführung und Koordination von Programmen.
Transparenz in der deutschen EZ
Das BMZ berichtet seit März 2013 über bereitgestellte finanzielle Mittel sowie Aktivitäten entsprechend des in Busan vereinbarten einheitlichen IATI-Standards. Die vom BMZ bereitgestellten Daten liefern bisher nur eingeschränkte Informationen über Projekttitel, Land/Region, Sektor, Status, Startdatum, durchführende Organisation und Gesamtbudget. Auf den Transparenzportalen der Durchführungsorganisationen GIZ und KfW sind darüber hinausgehend Kurzbeschreibungen, Laufzeiten und Ziele von Projekten zu finden. GIZ und KfW veröffentlichen außerdem Kurzfassungen von ex-post Evaluierungen abgeschlossener Vorhaben.
Dies ist ein erster wichtiger Schritt, der jedoch nicht ausreicht, um das in Busan gemachte Transparenzversprechen zu erfüllen. Deutschland befindet sich auf Rang 18 (BMZ-GIZ) und Rang 20 (BMZ-KfW) des Aid Transparency Index (ATI), der 2016 von Publish What You Fund veröffentlicht wurde. BMZ-GIZ erfüllen nur 63,2% und BMZ-KfW sogar nur 59,1% der angelegten Kriterien, was auf große Möglichkeiten für Verbesserungen hinweist. Bei insgesamt 46 erfassten Geberorganisationen, befinden sich BMZ, GIZ und KfW im Mittelfeld. Andere deutsche Ministerien, die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) leisten, und die nichtstaatliche Entwicklungszusammenarbeit wurden 2016 nicht im ATI erfasst. Das BMZ sollte auch in der Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Akteuren größere Transparenz auf der Basis IATI-Standards einfordern. Zusätzlich bedarf es Unterstützung in Form von IT-Support und einen einheitlichen NGO-Berichtsstandard. Die Ergebnisse des ATI von 2014 weisen darauf hin, dass es insbesondere bei ODA-Mitteln, die nicht durch das BMZ verwaltet werden, besonders große Lücken gibt. Das Auswärtige Amt, das neben dem BMZ über den größten Anteil an deutscher ODA verfügt, wurde 2014 als sehr schlecht bewertet und belegte Platz 61 von 68 Geberorganisationen.
Umfassendere Informationen sind notwendig
Um den Zugang zu Informationen zu erleichtern und dadurch die Rechenschaftslegung zu fördern, sollte Deutschland dem Beispiel anderer Geberorganisationen folgen und neben den bisher verfügbaren Informationen auch Dokumente, wie z.B. Projektangebote, M&E-Pläne, Fortschrittsberichte und Wirkungsmatrizen der geförderten Vorhaben auf Transparenzportalen veröffentlichen.
Die Geberorganisationen, die den Aid Transparency Index anführen, wie z.B. United Nations Development Programme (UNDP), Millennium Challenge Corporation (MCC), United Nations Children’s Fund (UNICEF), und das UK Department for International Development (DFID) stellen schon heute viel umfassendere Informationen als Deutschland bereit. Zum Beispiel hat DFID den Development Tracker eingerichtet, eine Plattform auf der neben finanziellen Daten und Projektbeschreibungen auch dazugehörige Wirtschaftlichkeitsberechnungen, logical frameworks, sowie jährliche Berichte über Projektfortschritt und Evaluation veröffentlicht werden.
In Deutschland ist der Zugang zu Informationen über Projektdesign und -fortschritt während der Projektlaufzeit schwieriger und eine systematische Erfassung und Veröffentlichung der erreichten Ergebnisse von EZ-Vorhaben in Bezug auf die gesetzten Ziele fehlt. Theoretisch ist es möglich, über das Informationsfreiheitsgesetz, das jeder Person einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen von Bundesbehörden gewährt, Informationen zu erhalten. Diese werden jedoch nur auf Antrag gewährt und setzen ein gewisses Vorwissen und Persistenz voraus. Für die Zivilgesellschaft in Entwicklungsländern und die direkte Zielgruppe von EZ-Maßnahmen ist das Informationsfreiheitsgesetz in der Regel keine Option.
Berichterstattung über Ergebnisse und Datenverfügbarkeit
Die International Aid Transparency Initiative bietet neben der Veröffentlichung von Daten über finanzielle Mittel und Aktivitäten auch die Möglichkeit, Ergebnisse auf der Ebene einzelner Vorhaben zu publizieren. Diese Möglichkeit sollte auch von Deutschland genutzt werden.
Die online Plattform d-portal bereitet IATI-Daten geordnet nach Ländern und Herausgebern auf, um diese für Ministerien, Parlamentarier und Zivilgesellschaft nutzbar zu machen. Das Beispiel unten zeigt, wie berichtete Ergebnisse auf dem d-portal aufbereitet werden, wenn diese von den berichtenden Organisationen bereitgestellt werden. Für jeden Indikator innerhalb einer Projekt-Wirkungsmatrix können das Start- und Enddatum, die Baseline, der Ziel- und der bisher erreichte Ist-Wert dargestellt werden (siehe Graphik). Wenn diese regelmäßig aktualisiert werden, können Öffentlichkeit in Geber- und Nehmerländer so zeitnahe Informationen über den Fortschritt und die Performanz von Projekten bekommen.
Quelle: http://www.aidtransparency.net/news/finding-results-in-d-portal
Zusätzlich sollten Daten, die von EZ-Maßnahmen im Rahmen standardisierter Befragungen (z.B. Baseline-, Midline– und Endline-Erhebungen) gesammelt werden, öffentlich zugänglich gemacht werden. Eine Vielzahl von EZ-Vorhaben führt Erhebungen zum Zweck der Wirkungsmessung durch, diese werden jedoch nur selten mit der Öffentlichkeit und auch nur eingeschränkt mit anderen EZ-Akteuren und den Partnerregierungen geteilt. Durch eine systematische Veröffentlichung von Daten kann ein Beitrag zum Monitoring der Sustainable Development Goals (SDGs) geleistet werden und Doppelungen sowie Parallelstrukturen reduziert werden.
Schwächen in den M&E-Systemen behindern Transparenz
Bisher wird die Möglichkeit Ergebnisse bei IATI zu berichten nur von 7% der mehr als 500 Organisationen, die Informationen bei IATI publizieren, genutzt. Dies hängt auch damit zusammen, dass die zeitnahe und regelmäßige Veröffentlichung aller Ergebnisse große Anforderungen an die Monitoringsysteme der EZ-Akteure bedeutet. Deutschland sieht eine Veröffentlichung der Ergebnisse bei IATI langfristig als wichtiges Ziel, aber bisher gibt es keine konkreten Umsetzungspläne.
Eine Veröffentlichung von Ergebnissen bereits während der Projektlaufzeit bedeutet einen höheren Druck auf Vorhaben und setzt gute Monitoringsysteme voraus, die regelmäßig valide Daten zu den ausgewählten Indikatoren produzieren und die auch einer Überprüfung durch die Öffentlichkeit standhalten. Die Qualität der Daten, die im Rahmen des regulären Monitorings gesammelt werden sowie die verwendeten Indikatoren, sind jedoch häufig unzureichend, wie z.B. Studien der Independent Evaluation Group und von FAO und Weltbank zeigen. Auch in der deutschen EZ werden Datenqualität und Indikatoren regelmäßig kritisiert, so z.B. in einer kürzlich von der GIZ durchgeführten Meta-Evaluierung der Projektevaluierungen.
Erst durch ein Zusammenspiel von Monitoring, Evaluierung und Transparenz gibt es eine ausreichende Basis, um aus Erfolgen und Fehlern zu lernen und um Entwicklungsakteure für die Erreichung von Ergebnissen zur Rechenschaft zu ziehen. Bereits in der Planung von Vorhaben und Strategien sollte vermehrt auf bereits vorhandene Informationen über Ergebnisse, Evaluierungen und Lernerfahrungen zurückgegriffen werden. Um die Wirksamkeit der EZ zu erhöhen, sollte Deutschland seine Investitionen und Anstrengungen in allen drei Bereichen maßgeblich steigern.