Dies ist ein Beitrag der Teilnehmer*innen des laufenden Kurses des Postgraduierten-Programms am DIE über die ersten Wochen der Seminarphase und die unterschiedlichen darin behandelten Fragestellungen.
Wir vom Postgraduierten-Programm möchten Euch heute einladen, die letzten Wochen des Kurses Revue passieren zu lassen. Wir haben uns mit einem Füllhorn an Themen wie Demokratie und Frieden, Korruption, Flucht und Migration, Gender beschäftigt – um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Bei all diesen Fragen bleiben grundsätzliche und ethische Reflexionen nicht aus. Haben externe Akteure ein Recht oder gar eine Pflicht in Prozesse anderer Länder einzugreifen? Wie sollte dies idealerweise aussehen? Bei der Beschäftigung mit diesen Themen taten sich Antworten auf, aber auch noch mehr Fragen. Das Fazit war jedoch stets: Die Blaupause kann es nicht sein! Neben der Wichtigkeit des „bigger picture“ sollten wir stattdessen die Einzigartigkeit eines jeden Falls im Auge behalten. Context is key! Vielmehr als um „best practice“ sollte es bei Ansätzen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) doch um „best fit“ gehen. Kontextspezifität, Partnerschaftlichkeit und gemeinsames Lernen sollte dabei im Vordergrund stehen. Gleichwohl werden es uns strukturelle Gegebenheiten, Pfadabhängigkeiten, Projektzyklen und Ergebnisdruck in der Praxis nicht einfach machen. Aber mal ganz ehrlich – wenn wir es uns einfach hätten machen wollen, hätten wir wohl nicht dieses Berufsfeld gewählt, oder?
Auch andere Module und Einheiten gaben Anlass zur Reflexion. Besonderes Highlight war dabei der zweitägige Workshop zu Critical Whiteness. Dieser ermöglichte es uns, unsere eigenen Denkmuster zu reflektieren und die Gegenwärtigkeit von rassistischen Strukturen in der EZ zu analysieren. Wir diskutierten über die Bedeutungen all dessen für unser zukünftiges Berufsleben und lernten dabei, warum wir alle in rassistischen Strukturen denken – und warum diese Erkenntnis nicht schlimm ist. Im Gegenteil, sie ist ein wichtiger Schritt dabei, unsere Einstellungen und Positionen zu reflektieren und schließlich unsere Sprache und unser Handeln verändern zu können. Der Weg zu Anti-Rassismus ist geprägt von Reflektion und unangenehmen Erkenntnissen. Jedoch ist dies notwendig, um kleine Schritte in die richtige Richtung zu gehen und gemeinsam zu wachsen. Unserer Meinung nach ist es essentiell, uns unserer Rolle und unserer Privilegien bewusst zu sein, um diese zu verwenden, um bestehende Strukturen zu überwinden und nicht ungewollt bestehende Denkmuster zu verstärken – im Alltag, aber auch speziell im EZ-Feld.
Der Workshop sowie Erkenntnisse aus vorherigen Modulen haben bei uns im Kurs den Wunsch bestärkt, uns intensiver mit unserer Sprache auseinanderzusetzen. Sprache ist mächtig – sie ist nicht nur Spiegel unserer Gedanken, sie formt diese auch. Daher ist uns ein sensibler Umgang mit ihr wichtig. Im EZ-Jargon schwingen oft „we vs. them“-Ansätze mit und Begrifflichkeiten implizieren ungewollte Hierarchien. Daher möchten wir etablierte Begriffe kritisch hinterfragen. Dafür haben wir nach der Maßgabe „nobody’s perfect“ damit angefangen, Begriffe zu sammeln, die wir als schwierig einschätzen und uns über mögliche Alternativen auszutauschen. Damit einhergehend möchten wir uns intensiver mit Themen wie Diversität und Gender beschäftigen – allgemein aber speziell auch in Bezug auf das DIE und das Postgraduierten-Programm. Wer Interesse daran hat, Teil unseres Lernprozesses zu werden oder Denkanstöße geben möchte, darf sich gerne an uns wenden.
Trotz wachsender Corona-Zahlen und damit verbundener Einschränkungen sind wir als Gruppe weiter zusammengewachsen. Die Plenarphase neigt sich nun dem Ende zu und wir sehen der Forschungsteamphase bereits jetzt mit einem lachenden aber zugleich auch mit einem weinenden Auge entgegen. Noch aber steht das berüchtigte Planspiel zu Regierungsverhandlungen mit Kenia auf dem Programm! Wir sind gespannt!