IDOS-Panel auf dem Global Media Forum 2025

Auf dem Deutsche Welle Global Media Forum am 7. Juli in Bonn diskutierten IDOS-Wissenschaftler*innen und internationale Expert*innen, wie, ergänzend zu Faktenchecks, alternative Instrumente wie Prebunking und Nudging, lokale Medien sowie neue Allianzen mit der Wirtschaft dazu beitragen können, sektorenübergreifende Lösungen gegen Desinformation zu entwickeln.

 

Gruppenphoto: Fünf Personen posieren vor einem Plakat des Global Media Forums, unter anderem IDOS' Wissenschaftler Dr. Semuhi Sinanoğlu und Dr. Anita Breuer.
©IDOS

Dr. Semuhi Sinanoğlu und Dr. Anita Breuer veranstalteten ein Panel zum Thema „Rethinking Information Resilience: Alternative Toolkit, New Alliances“. Seit 2008 wird das DW Global Media Forum von der Deutschen Welle in Bonn organisiert und bietet eine interdisziplinäre Plattform, für Medienschaffende und Expert*innen aus über 100 Ländern. In diesem Jahr stand das Forum unter dem Motto „Barrieren überwinden und Brücken bauen “.

Das Panel bot Expert*innen und Praktiker*innen aus verschiedenen Bereichen die Gelegenheit zu einem spannenden Austausch über sektorale Grenzen hinweg. Endy Bayuni (Mitglied des Meta Oversight Boards & ehemaliger Chefredakteur der Jakarta Post) richtete eine Videobotschaft an das Publikum. Es folgte eine aufschlussreiche Diskussion mit Oliver Hayes (Leiter für Gegen-Desinformation, Edelman), Caroline Sugg (Direktorin für Strategie, Politik & Partnerschaften, BBC Media Action) und Sophia Becker (Projektleiterin, Business Council for Democracy BC4D, Gemeinnützige Hertie- Stiftung). Moderiert wurde das Panel von Frank Hofmann (Senior-Korrespondent, Deutsche Welle).

Das Panel begann mit einer Keynote von Semuhi Sinanoğlu, der drei zentrale Botschaften vermittelte: Erstens zeigen aktuelle wissenschaftliche Arbeiten, dass es möglicherweise keine breite öffentliche Unterstützung für eine aktive Inhaltsmoderation gibt, da diese als Zensur oder Inhaltskontrolle wahrgenommen werden kann. Zwar ist eine überwältigende Mehrheit in Demokratien der Meinung, dass zu Gewalt aufrufende Inhalte entfernt und entsprechende Accounts gesperrt werden sollten. Gleichzeitig vertreten jedoch fast die Hälfte der Befragten die Ansicht, dass Meinungsfreiheit auch dann geschützt werden sollte, wenn sie andere verletzt. Daher sollten Praktiker*innen auf ein alternatives Instrumentarium zurückgreifen, um Informationsverschmutzung zu bekämpfen – beispielsweise Prebunking, Faktenchecks und „Nudging“. Zugleich müsse das Vertrauen in diese Werkzeuge gestärkt und ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verbessert werden. Zweitens müsse anerkannt werden, dass dieses Instrumentarium begrenzte Wirksamkeit besitzt und seine Wirkung über die Zeit abnehmen kann.

Einmalige Maßnahmen reichen nicht aus- es bedarf nachhaltiger Anstrengungen, die entsprechende Ressourcen benötigen. Angesichts geopolitischer Verschiebungen und sinkender Mittel für die Medienförderung müsse die Wirtschaft als zentraler Partner anerkannt werden. Einer aktuellen Schätzung zufolge verursacht Fake News jährlich Kosten in Höhe von 78 Milliarden US-Dollar für die Weltwirtschaft. Es liegt daher auch im Interesse von Unternehmen, sich an der Bekämpfung von Informationsverschmutzung zu beteiligen. Weiterführende Informationen finden sich in unserem aktuellen Policy Brief zum Thema Schutz der Demokratie vor Informationsverschmutzung.

Im Anschluss an die Keynote folgte eine moderierte Diskussion unter den Podiumsteilnehmenden sowie eine Fragerunde mit dem Publikum. Einige zentrale Erkenntnisse aus den Gesprächen waren:

  • Faktenkorrekturen allein genügen nicht – der Kontext ist In polarisierten Kontexten teilen Menschen bewusst Fehlinformationen, wenn diese ihrer Sache dienen. Faktenchecks werden oft ignoriert oder zeigen gegenteilige Wirkung, insbesondere wenn sie von nicht vertrauenswürdigen Quellen stammen. Zeit- und Ressourcenmangel, insbesondere rund um sensible Zeitpunkte wie Katastrophen oder Wahlen, schränken die Kapazitäten zusätzlich ein.
  • Lokales Vertrauen und Informationsflüsse sind Maßnahmen gegen Desinformation sind oft stark von Akteur*innen des Globalen Nordens und technologiezentriert geprägt. Wirksame Interventionen müssen lokale Informationsflüsse auf Gemeindeebene einbeziehen (z. B. „Mund-zu-Ohr“-Netzwerke), insbesondere in ressourcenschwachen Kontexten. Lokale Medien sind weiterhin vertrauenswürdige Informationsquellen und essenziell für demokratische Resilienz.
  • Das Vertrauen in Arbeitgeber*innen ist nach wie vor hoch – ein Potenzial, das stärker genutzt werden sollte. Unternehmen zeigen sich jedoch häufig zurückhaltend, da sie wirtschaftliche Risiken Daher bedarf es Überzeugungsarbeit und einer Argumentation für die Vorteile stabiler, demokratischer Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Handeln. Der Schutz des Informationsraums liegt auch im strategischen Interesse von Unternehmen. Politische Instabilität beeinflusst nicht nur die Mitarbeitermoral und die langfristige Leistungsfähigkeit, sondern kann auch regulatorische Konsequenzen haben.
  • Vorsorge ist effektiver als Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteur*innen sollten Plattformen proaktiv überwachen, relevante Fürsprecher*innen identifizieren und über Strategien und Botschaften („Flutbarrieren“) verfügen, bevor Desinformationen sich verbreiten. Reaktive Maßnahmen allein sind nicht ausreichend.
  • Medienkompetenz und kritisches Denken sind langfristige Resilienz bedeutet nicht nur Faktenprüfung, sondern auch die Fähigkeit, Manipulation, Sündenbock-Narrative und emotionale Appelle zu erkennen – und dies nicht nur durch Faktenvermittlung, sondern auch über kreative Formate wie Dramen und Unterhaltungsinhalte.

Am darauffolgenden Tag trafen sich die Panelteilnehmenden außerdem mit unserer Direktorin, Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge, am IDOS und diskutierten Möglichkeiten zur Förderung von Partnerschaften und Kooperationen in einem sich wandelnden geopolitischen Umfeld.

Gruppenphoto: Vier Personen im Büro der IDOS Direktorin Prof. Anna-Katharina Hornidge, unter anderem Prof. Hornidge und Dr. Semuhi Sinanoğlu.
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