Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge diskutierte gemeinsam mit Botschafter Carsten Staur, Vorsitzender des DAC der OECD, und Jochen Steinhilber, BMZ, wie öffentliche Entwicklungsgelder besser koordiniert werden können.
Wie können die Staaten des Development Assistance Committee (DAC) der OECD gewährleisten, dass die von ihnen bereitgestellte Entwicklungsfinanzierung effektiv und strategisch jene Akteur*innen erreicht, die am dringendsten finanzielle Unterstützung benötigen- bei gleichzeitig zunehmender Dringlichkeit im Umgang mit globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Artensterben und politischer Autokratisierung?
Diese Frage reflektierten Botschafter Carsten Staur, Vorsitz des Development Assistance Committee (DAC) der OECD, Jochen Steinhilber, Abteilungsleiter im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge, Direktorin des IDOS. Entlang des Themas „Combining Focus & Diversity: Development Aid as a Powerful Policy Tool“ diskutierten die Sprecher*innen, wie öffentliche Entwicklungsgelder besser koordiniert werden können, um Mittel dort bereitzustellen, wo ihre Wirkung am größten und bedeutendsten ist. Anna-Katharina Hornidge wies darauf hin, dass als Teil der Diskussionen zu Vereinbarkeiten und Abgrenzungen von öffentlichen Entwicklungsleistungen (ODA) und beispielsweise Klimafinanzierung, in zahlreichen Mitgliedsländern des DAC auch die Debatte zum Verhältnis von Solidarität und von Selbstinteresse motivierter Entwicklungszusammenarbeit erneut zugenommen hat.
Am Beispiel Großbritanniens und dem DFID-FCO-Merger, der auch einherging mit einem Abfall des ODA-Budgets von 0.7% auf 0.51% in 2022, könne man jedoch die direkten Auswirkungen beobachten. Konkret benannte sie den Verlust Großbritanniens seiner Position als global wahrgenommener Meinungsführer (intellectual leader) in der Ausgestaltung transregionaler Beziehungen, etwas, was gerade in Zeiten geopolitischer Umgestaltung, auch verdeutlicht durch die seit dem 01.01.24 vollzogene Erweiterung der BRICS-Staatengruppe, für die globale Akzeptanz freiheitlicher, demokratischer Werte problematisch sei. Die Auslagerung von Management-, Prüfungs- und weiteren wissensintensiven Bereichen an profitorientierte Beratungsunternehmen und somit die Privatisierung des britischen Entwicklungssystems führe weiter dazu, dass Steuerzahler*innen weniger Kontrollmöglichkeiten (reduzierte staatliche Rechenschaftspflicht) hätte.
Mit Verweis auf einen Bericht der Independent Commission for Aid Impact (ICAI) aus September 2023 betonte sie, dass bereits jetzt der substantielle Verlust an entwicklungspolitischer Expertise und globalen Netzwerken festgestellt würde. Vor diesem Hintergrund sei es auch für die Europäische Union und Deutschland, als Wirtschaftsregionen abhängig von einer kooperativen und liberalen globalen Ordnung, von essentieller Bedeutung darauf zu achten, internationale Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung weder in Budgetverhandlungen auf Bundesebene noch als Teil eines Wahlkampfes auf Ebene der Europäischen Union als stieftöchterliches Nischenfeld zu behandeln.
Das Fachgespräch Entwicklungspolitik wurde von Prof. Dr. Jörg Faust, Direktor des DEval, am 29. Januar in der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin organisiert.