Die Andreas Hermes Akademie (AHA) und AgrarKontakte International (AKI) e.V. organisieren jährlich wechselseitige Studienreisen mit jugendlichen Vertreter*innen aus afrikanischen Landwirt*innenverbänden, um deren Verständnis für den europäischen Agrarsektor und sein politisches System zu erweitern und zu vertiefen.
©Aiveen Donnelly
Am 22. August begrüßten Dr. Michael Bruentrup, Dr. Theodore Asimeng und Aiveen Donnelly von IDOS sowie Dr. Eli Wortmann-Kolundžija, assoziierte Wissenschaftlerin, 19 Teilnehmer*innen des Young Leaders Incubation Programmes (YLIP) der Southern African Confederation of Agricultural Unions (SACAU). Diese wurden von Teklezghi Teklebrhan (AKI) und Jan Pusdrowski (AHA) begleitet.
Der Vormittag begann mit der Vorstellung aller Teilnehmenden sowie der Vorstellung aller Forschungsprojekte, die IDOS im Laufe der Jahre zum Agrarsektor und seinem politischen System durchgeführt hat. Darunter findet sich auch das aktuelle INTERFACES-Projekt. Im Laufe des Tages wurden lebhafte Diskussionen geführt, unter anderem über die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der landwirtschaftlichen Entwicklung und im Agrobusiness. Es zeigte sich, dass es diametral entgegengesetzte Auffassungen und Erfahrungen zwischen Afrika und der Europäischen Union gibt, was Nachhaltigkeit angeht. So erfuhren die jungen Führungskräfte, dass man sich bei nachhaltigen Anbaumethoden in hohem Maße auf einheimisches Wissen stützt und dass es unter den Kleinlandwirt*innen ein großes ökologisches Bewusstsein gibt, auch wenn dies oft auf finanzielle Zwänge zurückzuführen ist.
Im Gegensatz dazu wird die europäische Landwirtschaft als eine mächtige Lobby angesehen, die stark subventioniert wird. Zudem stützt sie sich auf industrielle Produktionsmittel, die einen äußerst negativen ökologischen Fußabdruck hinterlassen.
Ausgehend von der mangelnden politischen Vertretung in Afrika wandte sich die Diskussion den Überlegungen zu den Machtverhältnissen zwischen Bauernorganisationen und den politischen und wirtschaftlichen Arenen entlang der Wertschöpfungskette zu. Dr. Wortmann-Kolundžija gab Einblicke in ihre Forschung zu Akteur*innen in landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten in Kenia, wobei sie zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen einerseits und den Betreiber*innen und Unterstützer*innen von Lieferketten andererseits unterscheidet. Die jungen Führungskräfte ergänzten den schematischen Überblick von Dr. Wortmann-Kolundžija durch ihre Erfahrungen mit Machtbeziehungen aus der Sicht von Landwirt*innenorganisationen. Zu diesen Erkenntnissen gehörten 1. die Hierarchie in Verbänden, die ältere männliche Mitglieder begünstigt, wobei eine Neudefinition des Begriffs „Landwirt*in“ erforderlich ist, bei der die Rolle der Jugend und der Frau stärker berücksichtigt wird, 2. die Prozesse der Landzertifizierung, die sich nicht in den sich ändernden Strukturen der Bauernverbände oder der Versorgungsketten widerspiegeln und 3. die politische Vereinnahmung durch gewählte Beamt*innen, wobei die Bauernverbände infolgedessen oft mehr an den politischen Auswirkungen als an den landwirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahmen für ihre Mitglieder interessiert sind.
Der Besuch war nicht nur für das INTERFACES-Projekt „Nachhaltige Landbewirtschaftung in Subsahara-Afrika“ von großem Nutzen, da er zu einem besseren Verständnis der Innovationssysteme in Afrika beitrug und das Netzwerk des Projekts stärkte, sondern lieferte auch fruchtbaren Input für einen demnächst erscheinenden IDOS Policy Brief von Eli Wortmann-Kolundžija und Michael Bruentrup.
INTERFACES und seine Aktivitäten werden mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Plattformstrategie Forschung für Nachhaltigkeit (FONA) gefördert. Weitere Informationen zu den Projekten finden Sie auf unserer Website, auf unserem YouTube Kanal und auf der FONA-Website.
