IDOS-Beiträge zur Bonner Klimakonferenz 2023

Vom 5. bis 15. Juli fand die 58. Arbeitssitzung der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) am Sitz des UNFCCC-Sekretariats in Bonn statt. Während zahlreicher Sitzungen und Veranstaltungen wurden wichtige Tagesordnungspunkte im Vorfeld der 28. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (COP28) in Dubai Ende des Jahres vorbereitet. Wie in den vergangenen Jahren hat sich IDOS als akkreditierte Beobachterorganisation aktiv an verschiedenen Aktivitäten vor und während der Konferenz beteiligt. In diesem Jahr haben unsere Klimapolitikexpert*innen zu Diskussionen über die globale Bestandsaufnahme (Global Stocktake), das globale Anpassungsziel (Global Goal on Adaptation), das Arbeitsprogramm für gerechte Übergangspfade (Just Transition Pathways) sowie den Glasgow-Dialog über Verluste und Schäden (Glasgow Dialogue on Loss and Damage) beigetragen.

CSSN-Konferenzbeitrag

Am 31. Mai 2023 veranstaltete das Team des BMZ-finanzierten Projekts “Klimaresiliente und naturverträgliche nachhaltige Entwicklung durch sozial gerechte Transformation” (Klimalog III) eine Session zum Thema “Finanzierung von Schäden und Verlusten: Lehren aus der Obstruktion bei der Klima- und Entwicklungsfinanzierung”.

Die Podiumsteilnehmer*innen diskutierten über Hindernisse zur Finanzierung von Schäden und Verlusten bei den Verhandlungen im Rahmen des UN-Klimaregimes und darüber, wie multilaterale Klimafinanzierung, humanitäre Hilfe und öffentliche Entwicklungshilfe genutzt werden können, um diese Hindernisse zu überwinden.

Die Veranstaltung war Teil der 2. Jahreskonferenz zum Thema „Global Climate Governance in the Face of Obstruction„, die vom 31. Mai bis zum 2. Juni 2023 stattfand. Organisiert wurde die Konferenz vom Climate Social Science Network (CSSN), einem globalen Netzwerk mit Sitz an der Brown University in den USA. Es befasst sich vor allem mit aktuellen Themen der Klimapolitik: Finanzierung, Verluste und Schäden, Widerstand gegen die Ansiedlung erneuerbarer Energien, Klimablockade, staatliche Unternehmen sowie Petrostaaten. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf Institutionen und Akteur*innen, die den Fortschritt der Klimapolitik blockieren.

Präsentationen beim offiziellen UNFCCC-Side Event

Während einer offiziellen Veranstaltung im Rahmen der Bonner Klimakonferenz am 5. Juni präsentierten Dr. Gabriela Iacobuta (IDOS) und Dr. Adis Dzebo (SEI) ihre Arbeit über den Einfluss von Klimaaktivitäten der nationalen Klimapläne (Nationally Determined Contributions, NDCs) auf die Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs).

Photo: Screenshot der Veranstaltung

©IDOS, Dr. Adis Dzebo (SEI) und Dr. Gabriela Iacobuta (IDOS) präsentieren ihre jüngsten Forschungsergebnisse zum Beitrag der Klimaaktivitäten in den NDCs zu den SDGs.

Bei seiner Eröffnungsrede unterstrich Minoru Takada, Teamleiter Nachhaltige Energie, Abteilung für Nachhaltige Entwicklungsziele bei der Hauptabteilung Wirtschaftliche und Soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen (UN-DESA), die Bedeutung empirischer Fakten über Synergien zwischen Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung. Klimamaßnahmen erfordern einen tiefgreifenden Wandel, der alle Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigen muss. Ebenso können die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 nicht erfolgreich umgesetzt werden, wenn nicht entschieden gegen den Klimawandel vorgegangen wird.

Adis Dzebo (SEI) und Gabriela Iacobuta (IDOS) zeigten mit Ergebnissen aus einer ersten Analyse von 63 aktualisierten NDCs (Nationally Determined Contributions), dass zwar die aktualisierten NDCs in Länge und Qualität zugenommen haben, die Anzahl SDG-relevanter Maßnahmen aber weiterhin gering ist. Während Maßnahmen in der wirtschaftlichen Dimension von Nachhaltigkeit zunahmen (mit Ausnahme von SDG 8 zu menschenwürdiger Arbeit), verzeichnete das Forschungsteam weniger Maßnahmen in der ökologischen und sozialen Dimension der nachhaltigen Entwicklung. Trotz einer Zunahme der Aktivitäten zu SDG 5 (Geschlechtergleichheit) und SDG 10 (weniger Ungleichheiten) sowie einer stärkeren Konzentration auf integrative Teilhabe im Rahmen von SDG 16 (Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen) ist die Zahl der Aktivitäten zu SDG 1 (Ende der Armut) und SDG 4 (Bildung) sowie zu ökologischen Zielen wie SDG 15 (Leben an Land) eher rückläufig. Insgesamt bleibt der Anteil der quantifizierten Aktivitäten unter 20 Prozent.

Diese und weitere neue Daten werden bis Juli 2023 in die Online-Datenvisualisierung “NDC-SDG Connections” eingespielt. Das Tool wurde erstmals 2017 gemeinsam vom Stockholm Environment Institute (SEI) und dem German Institute of Development and Sustainability (IDOS) entwickelt und zeigt, wie die Aktivitäten in den Nationally Determined Contributions (NDCs) der Länder mit allen 17 SDGs zusammenhängen.

Nachdem Dr. Izzet Ari von der Social Science University in Ankara weitere Einblicke aus seiner Forschung über die Verbindung von SDGs und NDCs präsentierte, befasste sich ein Panel mit Vertreter*innen aus Ecuador und Fidschi, sowie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem Climate Action Network (CAN) mit Synergien zwischen Klimaschutz und nachhaltiger Entwicklung, potenziellen Zielkonflikten und Spill-over-Effekten sowie Herausforderungen bei der Umsetzung beider Agenden.

Die Aufzeichnung der Veranstaltung können Sie hier nachschauen: The evolution of connections between Paris Agreement and the 2030 Agenda in the NDCs – YouTube

Buchpremiere von Africa’s Right to Development in a Climate-Constrained World

Am 5. Juni veranstaltete das Klimalog-Projekt gemeinsam mit der African German-Leadership Academy eine Buch-Premiere zu Ehren der Publikation „Africa’s Right to Development in a Climate-Constrained World„, mit Beiträgen von ihrem langjährigen Partner, dem Africa Research and Impact Network (ARIN).

Photo: Panel der Buchvorstellung

©IDOS, Podiumsdiskussion über das Recht Afrikas auf Entwicklung in einer vom Klimawandel geprägten Welt.

Leit-Autor Dr. Kennedy Liti Mbeva von der Oxford University hielt einen inspirierenden Vortrag darüber, wie afrikanische Forschende innovative Perspektiven einbringen, um die afrikanischen Entwicklungsbestrebungen mit den globalen Klimamaßnahmen in Einklang zu bringen. Dabei hob er die Führungsrolle Afrikas in der internationalen Klimazusammenarbeit hervor. Nach einer kritischen Würdigung durch Dr. Julia Leininger, IDOS-Koordinatorin für afrikabezogene Forschung und Politikberatung, diskutierten Expert*innen über die Herausforderungen und Chancen für afrikanische Regierungen und Gesellschaften sowie Geberländer wie Deutschland. Zu der Diskussionsrunde gehörten Mitautor und ARIN-Gründungsdirektor Dr. Joanes Atela, Birgit Strube, Leiterin der Klima- und Entwicklungspartnerschaften im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Anselm Durchrow vom GIZ-Klimacluster Marokko und Kerstin Opfer, Politikberaterin von Germanwatch für Energiepolitik und Zivilgesellschaft in Afrika und der MENA-Region.

Aus der Diskussion ergab sich ein breiter Konsens darüber, dass die Komplexität einer großen Klimatransformation anerkannt und angegangen werden muss. Um diese Komplexität zu adressieren, sind mutige neue Strukturen auf nationaler Ebene und in der internationalen Zusammenarbeit erforderlich, auch im Hinblick auf die Beziehungen zwischen der EU und Afrika und der neuen deutschen Afrika-Strategie. Die Diskutant*innen betonten ebenfalls die Notwendigkeit des gegenseitigen Lernens und Verstehens zwischen verschiedenen Akteur*innen, Institutionen, Ländern und Standpunkten, um Afrikas Klima- und Entwicklungsagenda und gerechte Übergangsprozesse praktisch zu begreifen, und nicht als theoretisches Rätsel.

Offizielles UNFCCC-Event von DEval, CAN Europe und CARE

Am 6. Juni vertrat Dr. Steffen Bauer, Co-Leiter des Klimalog, IDOS bei einem offiziellen UNFCCC-Event zu dem Thema „Stärkung der Klimafinanzierung für transformative Anpassungsmaßnahmen und Maßnahmen gegen Verluste und Schäden“.

Marlene Achoki von CARE Kenia präsentierte die neueste Ausgabe des Berichts „Hollow Commitments “ über die Klimafinanzierungspläne der Industrieländer, herausgegeben von CARE International. Rachel Simon von CAN Europe ergänzte mit einem Beitrag darüber, wie die EU innovative Quellen für neue und zusätzliche Finanzmittel erschließen könnte. Die anschließende Podiumsdiskussion konzentrierte sich auf die Frage, wie die Klimafinanzierung dazu beitragen kann, eine größere Wirkung bei der transformativen Anpassung zu erzielen. Zu den Diskutant*innen gehörten Expert*innen der Global Environment Facility, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, von DEval, des Africa Research and Impact Network (ARIN) und von IDOS.

Unter Bezugnahme auf die laufende Klimalog-Forschung erörterte Bauer unter anderem die Gründe, zwischen einer Anpassungsfinanzierung und Finanzierung von Verlusten und Schäden zu unterscheiden. Er betonte die Notwendigkeit, Fallstricke der Fehlanpassung zu erkennen und zu vermeiden, auch angesichts der zunehmenden Dringlichkeit, Anpassungsmaßnahmen zu beschleunigen.

Workshop zu AI in der Klimapolitikanalyse

Am 6. Juni begrüßte das Klimalog-Projekt Kolleg*innen des African Research and Impact Network (ARIN), des Stockholm Environment Institute (SEI), der Munich Climate Insurance Initiative (MCII an der UNU-EHS) und der Frankfurt School of Finance and Management (FS) zu einem gemeinsamen Workshop.

Photo: Gruppenfoto des Workshops

©IDOS

Der gemeinsame Workshop mit Climate Policy Radar (CPR) zum Thema „KI-gestützte Analyse der Klimapolitik“ CPR begann mit der Vorstellung des neuen Global Stocktake Explorer, der in Kooperation mit UNFCCC Global Stocktake Unit entwickelt und im Rahmen des Global Stocktake Technical Dialogue während der Bonner Klimakonferenz offiziell gelauncht wurde. Die Teilnehmer*innen tauschten sich über Forschungsaufgaben und Herausforderungen bei der Analyse von klimapolitischen Dokumenten aus. Mit ihren Erfahrungen aus der jahrelangen Arbeit am NDC-Explorer konnten die Forschenden relevante Beiträge und Impulse für die weitere Entwicklung von KI-gestützten Klimapolitik-Analysetools und insbesondere des Global Stocktake Explorers liefern.

Gleichzeitig erfuhren sie, wie KI-gestützte Software ihre Forschungsarbeit erleichtern und beschleunigen kann, um eine faktenbasierte und ehrgeizige globale Klimapolitik besser informieren zu können.

UNEP/GEF: Start der Klimatransparenz-Plattform

Am 9. Juni war IDOS Gastgeber für den Launch der Klimatransparenz-Plattform in einer gemeinsamen Veranstaltung des UNEP Copenhagen Climate Centre und des Capacity-building Initiative for Transparency Global Support Programme der Global Environment Facility (GEF).

Dr. Steffen Bauer hob in seiner Begrüßungsansprache die Bedeutung von Transparenz als Mittel zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung von Vertrauen in die multilaterale Klimagovernance hervor. Dies sei essenziell für die Förderung der internationalen Klimazusammenarbeit und für die Umsetzung des Pariser Abkommens. Der Start der Plattform wurde durch eine Vielzahl von Partner*innenperspektiven ergänzt, darunter Einschätzungen des UNFCCC, des UNDP, des UNEP und der ICAT sowie der Pilotländer Chile und Peru.

IISD Event zu Reformen von Subventionen für fossile Brennstoffe

Am 10. Juni veranstaltete das International Institute for Sustainable Development (IISD) eine Diskussion über den Handlungsbedarf bei der Reform der Subventionen für fossile Brennstoffe und der Verlagerung anderer öffentlicher Finanzströme, mit einem Beitrag von IDOS-Wissenschaftler Mauricio Böhl Gutierrez.

Photo: Screenshot eines Videos, in dem Mauricio Böhl (IDOS) während der Bonner Klimakonferenz über den Handlungsbedarf bei der Reform der Subventionen für fossile Brennstoffe spricht.

©IDOS, mauricio Böhl (IDOS) gibt auf der Bonner Klimakonferenz Einblicke in den Handlungsbedarf bei der Reform der Subventionen für fossile Brennstoffe.

Reformen von Subventionen für fossile Brennstoffe haben das Potenzial, Finanzmittel zu erhöhen und die Kohlenstoffemissionen durch höhere Energiepreise zu senken. Zusammen mit Expert*innen von UNDP und UNEP lieferte Mauricio Böhl Gutierrez im Rahmen des COVCLIM-Projekts einen fachlichen Beitrag zur Rolle der Sozial-(Schutz)politik in diesen Reformprozessen.

Während sich die Diskussionsteilnehmenden der Vereinten Nationen auf die Bewertung der Subventionen für fossile Brennstoffe konzentrierten, wies Mauricio Böhl Gutierrez auf das schwierige politökonomische Umfeld während der Reformen hin. Es gäbe deutliche Hinweise darauf, dass Reformen von Subventionen für fossile Brennstoffe regressiv sind. So wären viele Länder bei der Abschaffung von Subventionen erfolgreich auf Geldtransfers umgestiegen, die armen und vulnerablen Haushalten einen besseren Schutz bieten. Geplante Reformen können eine zweiseitige Beziehung zwischen Reformen der Subventionen für fossile Brennstoffe und Sozial-(Schutz)politik schaffen: Die Reformprozesse profitieren von den Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels, und die Regierungen können die eingesparten Mittel in ihre soziale Schutzinfrastruktur reinvestieren.

Workshop zu Verlusten und Schäden in fragilen Staaten

Am 12. Juni organisierte IDOS mit der Arbeitsgruppe Frieden und Entwicklung (FriENT), International Alert und Brot für die Welt einen Expert*innenworkshop zum Thema „Linking Loss and Damage to Conflict Affected and Fragile Settings“. 

Der Workshop befasste sich mit dem drängenden Thema der klimabedingten Schäden und Verluste in fragilen Staaten und hob die Bedeutung von maßgeschneiderten Finanzierungsvereinbarungen, Konfliktprävention und Entschädigung hervor. Expert*innen aus Bangladesch und Sierra Leone gaben Einblicke aus erster Hand und diskutierten diese mit politischen Entscheidungstragenden und Praktiker*innen.

Saleemul Huq, Direktor des International Centre for Climate Change and Development (ICCCAD) in Bangladesch, unterstrich die Notwendigkeit, lokale Gemeinschaften einzubeziehen und betonte die Dringlichkeit, Verluste und Schäden auf der Grundlage realer Erfahrungen anzugehen, die den lokalen Kontext angemessen widerspiegeln. Hanspeter Schwär vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bekräftigte, dass die lokalen Gemeinschaften tatsächlich an den Diskussionen beteiligt werden müssen, die ihre Lebensbedingungen verbessern werden. Sinead Walsh, Klimadirektorin im irischen Außenministerium und Mitglied des Übergangskomitees, das derzeit über einen Fonds für Schäden und Verluste und die Finanzierungsmodalitäten verhandelt, betonte ihrerseits, dass sichergestellt werden müsse, dass die Finanzmittel für Schäden und Verluste tatsächlich bei den Schwächsten ankommen.

Darüber hinaus unterstrich der Workshop, dass die Notlage der gefährdeten Bevölkerungsgruppen, die in Konflikten und fragilen Situationen leben, in der internationalen Klimapolitik stärker berücksichtigt werden muss, um ein umfassenderes Verständnis von Klimagerechtigkeit zu erreichen, das niemanden zurücklässt.

Ein Bericht, der die wichtigsten Erkenntnisse und Empfehlungen des Workshops zusammenfasst, ist derzeit in Vorbereitung und wird im Vorfeld der kommenden COP28-Verhandlungen veröffentlicht.

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