Neuigkeiten aus der Geschäftsleitung des DIE

Direktorin des DIE als Expertin in der AG Nachhaltigkeit des BMBF

Am 24. März 2021 trug Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge zu einer Klausursitzung der AG Nachhaltigkeit im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einem Expert*innen-Impuls bei. Im Zentrum der Veranstaltung stand der Austausch zu zentralen Punkten zum Nachjustieren der deutschen Bildungs-, Forschungs- und Innovationspolitik zur Umsetzung der Agenda 2030. Die Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) legte den Fokus in ihrem Impuls auf drei Punkte:

(a) die Notwendigkeit, interdisziplinäre Szenarienforschung basierend auf sozial-, kultur- und naturwissenschaftlichen Daten methodisch zu entwickeln und mit Blick auf die globalen Megatrends und ihre gegenseitige Verschränkung zu fördern.

(b) das Spannungsfeld zwischen Hightech- und Exzellenz-Strategie Deutschlands und lokalem Kontext: Dieses Spannungsfeld führe wiederholt zu Innovationsentwicklung, die dem Anspruch lokal passfähig zu sein, nicht mehr entspräche. Somit könne es die mit dieser Forschung zu gestaltenden Transformationsprozesse nur unzureichend prägen. Die Wirkungsmacht der Innovationen selbst sei somit sehr begrenzt. Häufig würden die Projekte dies über intensive Kapazitätsentwicklung vor Ort ausgleichen und dabei zentrale Beiträge dazu leisten, gesellschaftliche Gruppen auszubilden, die wieder Transformationsprozesse vorantreiben könnten. Problematisch sei aber die geringe Passfähigkeit der Innovationen und Apolitisierung der Forschung selbst, wobei internationale wissenschaftliche Standards und die deutsche Hightech-Strategie Referenzrahmen der Forschung seien, sehr viel weniger der Kontext, welchen die Forschung selbst prägen solle.

(c) Die globale Wissenschaft sei durch massive Diskrepanzen geprägt. Dies könne man vereinfacht an den großen Unterschieden in der Finanzierung der Wissenschaftssysteme unterschiedlicher Länder festmachen. Sie führten jedoch zu starken Asymmetrien zwischen nationalen Wissenschaftssystemen und zu disziplinären Unterschieden innerhalb von Wissenschaftssystemen, die einer globalen gemeinsamen Sprechfähigkeit für Transformationsprozesse zur Nachhaltigkeit entgegenstehen. Ein aktuelles Beispiel sei die starke Ungleichverteilung von Impfstoffzugang, die auf die unterschiedliche Leistungsfähigkeit verschiedener Wissenschaftssysteme zurückzuführen sind. Diese Diskrepanz stelle aber wiederum eine globale gemeinsame Herausforderung dar.

Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge hält Keynote im Bonner International Club La Redoute

Der Bonner International Club La Redoute veranstaltet die monatliche Programmreihe „International Roundtable“, in der Gastredner*innen Kurzvorträge halten. Das Präsidium des International Club La Redoute hatte die Direktorin des DIE, Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge, am 19. April dazu eingeladen, im Rahmen des Roundtable einen Vortrag über ihre Erfahrungen als Wissenschaftlerin im Bereich deutscher Entwicklungspolitik zu halten. Mit ihrer Keynote „Entwicklungsforschung, Entwicklungspolitik im ‘New Normal’ des 21. Jahrhunderts” beleuchtete Prof. Hornidge die drei Megatrends „Ressourcendegradation“, „Globale soziale Ungleichheiten“ und „Digitalisierung & Wissensgesellschaften“ durch die Linse empirischer Forschung in Westafrika, zum globalen Wissenschaftssystem sowie mit Bezug auf aktuelle Debatten zur Impfstoffverteilung. Der Vortrag endete zum einen mit strukturellen Überlegungen zum globalen Wissenschaftssystem und zu internationaler Wissenschaftspraxis für globales Gemeinwohl. Zum anderen schloss Prof. Hornidge mit einer Eigenpositionierung zur künftigen deutschen Politik für nachhaltige Entwicklung ab. Hier formulierte sie sieben Punkte:

  1. Entwicklung ist nicht geographisch gebunden, stellt eine universelle Herausforderung dar und gleichzeitig kommt jedem Menschen weltweit das Recht auf Entwicklung, auf Selbstbestimmung zu. Dieses Recht jeder einzelnen Person zielt auf das Sicherstellen persönlicher, emanzipierender Handlungsfreiheit (Bildung, rationales Denken & Sachorientierung, Bürgerrechte, Menschenrechte und Gemeinwohl als Staatspflicht) ab. „Entwicklung“ als Konzept ist somit in der Tradition der Aufklärung zu begreifen. Es darf und kann nicht auf ein Grundeinkommen von 1,90 USD pro Kopf reduziert werden.
  2. Dies bedeutet auch, dass Entwicklung nicht mit Wirtschaftswachstum gleichzusetzen ist oder zu reduzieren ist auf Armutsüberwindung. Stattdessen ist Entwicklung zu begreifen als die Prozesse des Erdenkens und Verwirklichens nachhaltiger Zukünfte.
  3. Das „Nachhaltige“ dieser Zukünfte zu gestalten – Nachhaltigkeit so wie begriffen in der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie –, ist eine ressort-, skalen- und interne sowie externe Politikfelder übergreifende Aufgabe. Sie kann nur im Zusammenspiel der unterschiedlichen Ressorts, Entscheidungsebenen (national, regional, global) und gesellschaftlicher Sektoren (Politik, Wirtschaft, Gesellschaft) erreicht werden. Nachhaltigkeit bedarf somit einer starken Governance-Architektur, ausgestattet mit den entsprechenden Entscheidungsbefugnissen und Ressourcen bezüglich ihrer Umsetzung.
  4. Zukünfte sind kontextspezifisch unterschiedlich und sind nur erreichbar, wenn sie in lokale Akteursstrukturen eingebettet sind, die ihre Verwirklichung vorantreiben. Dies bedeutet, dass Zukünfte nicht von außen vorgegeben oder erreicht werden können, sondern es des lokalen ownerships bedarf. Entwicklungspolitische Bemühungen sind somit auf den partnerschaftlichen Austausch und Dialog begrenzt, wenn die angestoßenen Veränderungsprozesse lokal langfristig und nachhaltig Zukunft gestalten sollen.
  5. Politik für nachhaltige Entwicklung und globales Gemeinwohl im 21. Jahrhundert muss einen planetaren Blick einnehmen. Thematische Schwerpunktsetzungen liegen somit auf dem Umgang mit globalen Gemeingütern wie global-gesellschaftlichem Zusammenhalt, sozialer Gleichheit und Armutsbekämpfung, Klima, Biodiversität etc.
  6. Die zentralen Hebel für einen nachhaltigen Umgang mit globalen Gemeingütern wurden durch die COVID-19-Pandemie erneut deutlich. Sie umfassen unter anderem nachhaltige Finanzinstrumente, Digitalisierung, Wissenschaft, Migrationspolitik und internationale Partnerschaften.
  7. Entwicklungspolitik, die sich als Politik für die Entwicklung und Ermöglichung nachhaltiger Zukünfte im Sinne eines globalen Gemeinwohls begreift, sollte bezüglich ihrer institutionellen Struktur multilaterale Zusammenarbeit als Norm und bilaterale Zusammenarbeit als lediglich flankierende und unterstützende Ausnahme begreifen.

Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge als Gastrednerin am Deutsch-Kolumbianischen Friedensinstitut CAPAZ

Das Deutsch-Kolumbianische Friedensinstitut (CAPAZ) hat am 20. April 2021 eine offene Vorlesung des Kurses „Management and Governance of Knowledge for Peace Building“ mit einem Live-Webcast und Livestreaming begleitet. Als Gastrednerin hat Prof. Dr. Anna-Katharina Hornidge zu dem Thema “Diverse Knowledges for Sustainable Natural Resources Management and Development” referiert. Der Fokus des Vortrags lag insbesondere auf Wissens- und Innovationssystemen, die sich durch ihre epistemische Vielfalt und das Zusammenspiel von unterschiedlichen Wissenstypen (wissenschaftlich, nicht-wissenschaftlich, Alltags-, Produktions- und religiöses Wissen) auszeichnen. Hierbei bezog sich die Direktorin des DIE auf ihre Forschung zur Landwirtschaft Usbekistans und Tadschikistans sowie der Fischerei in Westafrika.

Keynote von Prof. Dr. Imme Scholz beim BNE-Festival NRW

Am 16. und 17. April 2021 fand im Vorfeld der UNESCO-Weltkonferenz ein virtuelles Festival zu Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in Nordrhein-Westfalen statt. Themenschwerpunkte waren Klimaschutz, Zukunft des Walds, Ernährung und Digitalisierung. Die stellvertretende Direktorin des DIE Prof. Dr. Imme Scholz führte am 16. April in die Veranstaltung mit einer Keynote zum Stand der Transformation zur Nachhaltigkeit in Deutschland ein. Sie ging dabei insbesondere auf die Bedeutung von Lernprozessen in Politik, öffentlicher Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft ein. Außerdem sprach sie von Bildungskonzepten, die Menschen dafür motivieren und befähigen wollen, die Gestaltung der Zukunft in die Hand zu nehmen und Routinen aufzubrechen. Für derartiges politisches Handeln biete die neue Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie mit der Benennung von sechs Transformationsbereichen gute Anhaltspunkte, die den thematischen Schwerpunkten des Festivals entsprächen.

Darauf folgte eine pointierte Einführung von Prof. Dr. Ute Stoltenberg (Leuphana Universität Lüneburg) in die Potenziale von Bildung für nachhaltige Entwicklung, die durch das gegenwärtige Bildungssystem noch zu häufig ausgebremst werden. In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Staatssekretär Heinrich Bottermann (Umweltministerium NRW), Prof. Dr. Ute Stoltenberg und Stefan Rostock von Germanwatch wurden diese Überlegungen fortgeführt. Stefan Rostock erläuterte, dass das BNE-Konzept der UNESCO auf handlungsorientiertes Lernen setze, das politische Zusammenhänge erfahrbar macht und in Organisationen auch immer Vorgesetzte einbeziehe, um Veränderungsbedarfe konkret zu ermitteln und anzugehen.

Weitere Infos zum Festival: Nordrhein-Westfalen lädt zu virtuellem BNE-Festival | Das Landesportal Wir in NRW

Wirksames Handeln der UN Country Teams: Prof. Dr. Imme Scholz beim UNSSC

Prof. Dr. Imme Scholz war am 20. April 2021 vom Fortbildungsinstitut für das UN-System (UNSSC) eingeladen worden, einen Einführungsvortrag zu den Anforderungen und Chancen zu halten, die sich aus der Agenda 2030 für ein integriertes und wirksameres Handeln der UN Country Teams ergeben. Die COVID-19-Pandemie erhöht den Druck auf die UN, Unterstützungsleistungen vor Ort besser als bisher an den konkreten Notwendigkeiten vor Ort auszurichten. Dabei darf sie strukturelle Transformationen nicht aus den Augen verlieren und muss den Einsatz von Ressourcen und Kapazitäten der verschiedenen UN-Organisationen effektiver kombinieren. Als Co-Vorsitzende der UN-Wissenschaftler*innengruppe, die den nächsten Global Sustainable Development Report (GSDR) erarbeitet, ging Imme Scholz insbesondere auf die Erkenntnisse des GSDR 2019 zu den wesentlichen Transformationsbereichen und Hebeln ein. Außerdem sprach sie darüber, wie diese in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie genutzt werden können, um systemisches integriertes Handeln voranzubringen. Imme Scholz nutzte dafür auch Zwischenergebnisse des DIE-Forschungsteams, das sich unter der Leitung von Dr. Silke Weinlich und Dr. Max-Otto Baumann im Rahmen des Postgraduiertenprogramms des DIE mit der Arbeit verschiedener UN-Country Teams befasst. Sie untersuchen Fortschritte beziehungsweise Schwierigkeiten bei der Umsetzung der UN-Reformen im Entwicklungsbereich.

Panel zum Thema Nachhaltigkeit in den Lieferketten von Soja

Am 23. April 2021 veranstaltete die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) eine Expert*innen-Diskussion zum Thema „Sustainability in the Soy Supply Chain? – Options for German Development Cooperation“. Es ging darum, neue Studienergebnisse vorzustellen und Ansatzpunkte für die europäische und die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zu diskutieren. Prof. Dr. Imme Scholz debattierte mit Prof. Dr. Jan Börner (Uni Bonn), Helen Bellfield (Global Canopy) und Nicole Polsterer (FERN). Zu den Leitfragen der Diskussion zählte, wie die Dynamiken vor Ort in Brasilien, die handels- und entwicklungspolitische Kooperation zwischen der EU, Deutschland und Brasilien und Anforderungen der Verbraucher*innen zusammengefügt werden könnten, um Landwirtschaft und Tierproduktion hier wie dort nachhaltiger zu gestalten und die Entwaldung aufzuhalten.

Prof. Dr. Imme Scholz beim Train-the-Trainers-Seminar über die Relevanz von Megatrends

Seit 2018 unterstützt das DIE ein Netzwerk von Instituten und Personen aus China, Brasilien, Indien, Indonesien, Mexiko und Südafrika, um die öffentliche Verwaltung für die Umsetzung der Agenda 2030 fit zu machen, insbesondere durch Fortbildungsaktivitäten. Dieses Netzwerk ist eng mit der Managing Global Governance (MGG) Akademie am DIE verbunden; auch das Fortbildungsinstitut für das UN-System (UNSSC) in Bonn, das auf Lernen für nachhaltige Entwicklung fokussiert, ist ein wichtiger Kooperationspartner. Beim Train-the-Trainers-Seminar am 26. April 2021, das von UNSSC ausgerichtet wurde, hat Prof. Dr. Imme Scholz einen Vortrag zur Bedeutung unterschiedlicher Megatrends für die Transformation zur Nachhaltigkeit im Kontext der COVID-19-Pandemie gehalten. Dabei ging es sowohl darum, die strukturverändernde Kraft von sogenannten Megatrends erster Ordnung – Klimawandel, demographischer Wandel und geopolitische Machtverschiebungen – zu begreifen, als auch um die Möglichkeiten, diese zu gestalten und dafür auch die positiven Potenziale weiterer Megatrends wie Urbanisierung, Migration und Digitalisierung zu nutzen.