Wirtschaft als Partner der Entwicklungspolitik!

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Rahmenbedingungen für mehr Privatwirtschaft

Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Entwicklungspolitik. Die Politik muss die Rolle, die die deutsche Industrie in der Entwicklungszusammenarbeit schon lange spielt, erkennen und fördern.

 

 

 

Entwicklungspolitik hat derzeit Hochkonjunktur. Nicht zuletzt der „Marshallplan mit Afrika“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstreicht dies. Die Fluchtbewegungen aus dem Nahen Osten haben gezeigt, dass wir in Deutschland mehr denn je von Ereignissen betroffen sind. Auch wenn diese sich Tausende von Kilometern entfernt ereignen. Die Herausforderungen, die vor uns liegen, sind groß. Es handelt sich nicht mehr um isolierte Probleme armer Länder.

Neue Ideen!

Es bedarf neuer Ansätze und Ideen, um diese mehrdimensionalen Herausforderungen zu bewältigen und Menschen in ihren Heimatländern Perspektiven aufzuzeigen. Schaut man sich die Entwicklungspolitik der letzten Jahrzehnte an, wird schnell deutlich, dass die klassische Entwicklungszusammenarbeit nicht den erhofften Aufschwung gebracht hat. Addiert man sämtliche Zuflüsse an multilateraler und bilateraler Hilfe nach Afrika seit den 1960er Jahren auf, zeigt sich, dass mehr monetäre Zuwendungen nicht automatisch zu mehr Entwicklung führen. Setzt man die zwischen 1960 und 2014 an Subsahara-Afrika geleistete Entwicklungshilfe in Höhe von 1.285 US-Dollar pro Kopf in Bezug zu der Summe von 166 US-Dollar pro Kopf, mit der im selben Zeitraum Ost-, Südostasien und der Pazifik unterstützt wurden, und vergleicht sie dann mit dem jeweiligen Zuwachs an BIP in beiden Regionen, ergibt sich ein wenig überzeugendes Bild.

Paradigmenwechsel

Neben neuen Ansätzen werden daher vor allem neue Partnerschaften benötigt. Zur Problemlösung wird die Expertise der deutschen Wirtschaft mit ihren innovativen Technologien und Lösungskompetenzen benötigt. Die Politik muss die Rolle, die die deutsche Industrie in der Entwicklungszusammenarbeit schon lange spielt, erkennen und fördern. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel in der Entwicklungszusammenarbeit.

Seit vielen Jahrzehnten sind deutsche Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern präsent. Die Bereitschaft, diesen Erfahrungsschatz in die Entwicklungszusammenarbeit einzubringen, ist groß. Die meisten Unternehmen streben eine langfristige geschäftliche Beziehung in Entwicklungs- und Schwellenländern an. Durch das Engagement deutscher Unternehmen in Afrika, Asien und Lateinamerika entstehen Arbeitsplätze. Unternehmen zahlen lokale Steuern, bilden Fachkräfte aus, kurbeln Infrastrukturprojekte an und bringen ihre Problemlösungskompetenzen sowie neue Verfahren und Technologien ins Land. Deutsche Unternehmen leisten somit einen erheblichen Beitrag zur volkswirtschaftlichen Entwicklung vor Ort.

Wirtschaftliche Perspektiven

Die Expertise von Unternehmen wird von der Entwicklungspolitik bislang zu wenig genutzt. Auch die Schaffung wirtschaftlicher Perspektiven vor Ort kommt zu kurz. Für die Entwicklungszusammenarbeit ergeben sich hieraus mehrere Handlungsstränge. Neben der Herstellung von Frieden und Sicherheit sowie der Schaffung von rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen müssen wirtschaftliche Perspektiven durch private Investitionen für die Menschen vor Ort geschaffen werden!

Nur wenn lokale und internationale Privatwirtschaft in Arbeitsplätze investiert, die Einkommen und Wohlstand schaffen, wird die wirtschaftliche Stabilisierung von Entwicklungs- und Schwellenländern gelingen. Eine an der Schaffung von wirtschaftlichen Perspektiven ausgerichtete Entwicklungspolitik muss somit zweierlei leisten: Zum einen muss sie von der ganzen Bundesregierung und nicht nur einem Ministerium getragen werden. Fachressorts, die einen relativen Kompetenzvorsprung in bestimmten Politikfeldern haben, müssen vom BMZ noch viel stärker in die Ausgestaltung von Unterstützungsleistungen einbezogen werden als dies bisher der Fall ist.

Zum anderen sollte das Prinzip des komparativen Kompetenzvorsprungs auch in der Arbeitsteilung und Kooperation zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen greifen. Zivilgesellschaftliche Gruppen sind besser geeignet als staatliche Institutionen, politische Reformprozesse in Richtung eines verlässlichen politischen und rechtlichen Rahmens in Gang zu setzen. Unternehmen schaffen nachhaltig Arbeitsplätze, schaffen somit Perspektiven in den jeweiligen Ländern und tragen zur Entwicklung und zum wirtschaftlichen Aufschwung bei. Privatwirtschaftliche oder Kammerorganisationen können die Ausbildung von Fachkräften bedarfsgerechter ausgestalten als staatliche Organisationen.

Wirtschaft als Partner der Entwicklungspolitik

Es obliegt aber der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit, die Rahmenbedingungen für mehr Privatwirtschaft in der Entwicklungszusammenarbeit zu gestalten und zu fördern. Vor Ort benötigen Unternehmen verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen, eine hinreichende physische Infrastruktur und qualifizierte Fachkräfte. In Deutschland muss die Wirtschaft als Partner der Entwicklungspolitik verstanden werden. Hierzu müssen die Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft weiterentwickelt werden und die Mittel des BMZ-Haushaltes für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft entsprechend angepasst werden.

Image: Stefan Mair

Stefan Mair ist Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e.V.

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