Mit der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ verständigten sich die UN-Mitgliedstaaten im Jahr 2015 auf 17 globale Ziele für nachhaltige ökonomische, ökologische und soziale Entwicklung. Im Unterschied zu den Millennium-Entwicklungszielen, die vor allem auf die Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern abzielten, betonen die „Sustainable Development Goals“ (SDG) die gemeinsame Verantwortung aller Staaten der Weltgemeinschaft.
Entwicklungszusammenarbeit ist ein Handlungsfeld, das den Einsatz verschiedener Akteure erfordert: Nur in der gemeinsamen Arbeit von Staaten, Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürgern kann nachhaltige Entwicklung besonders wirksam vorangebracht werden. Die Rolle der Privatwirtschaft zum Erreichen nachhaltiger Entwicklung wurde im Zuge der Agenda 2030 noch einmal besonders unterstrichen. Dies geschah auch unter dem Eindruck, dass durch die gezielte Einbindung privater Unternehmen zusätzliche, private Mittel für entwicklungsrelevante Vorhaben mobilisiert werden können.
Was genau kann die Privatwirtschaft mit Blick auf die SDG bewirken? Private Unternehmen leisten einen wesentlichen Beitrag insbesondere zur Umsetzung des SDG 8, das die Schaffung von qualifizierten Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wirtschaftswachstum zum Ziel hat. Der Privatsektor ist hierfür ein zentraler Treiber: Die allermeisten Arbeitsplätze entstehen in privaten Unternehmen. Das gilt nicht nur in Industrieländern, sondern auch in sich entwickelnden Ländern.
Ein aktueller Report der European Development Finance Institutions (EDFI) zeigt auf, dass der private Sektor in Entwicklungs- und Schwellenländern neun von zehn Arbeitsplätzen schafft. Und nicht nur bei der Schaffung von qualifizierten Arbeitsplätzen sind private Unternehmen ein relevanter Akteur, sondern auch bei anderen SDG, wie etwa dem Aufbau nachhaltiger Infrastruktur und Industrialisierung sowie der Förderung von Innovationen.
Vor Ort Perspektiven schaffen
An dieser Stelle setzt die unternehmerische Entwicklungszusammenarbeit an: Entwicklungsfinanzierer wie die DEG fördern Vorhaben von Unternehmen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv sind. In den meisten dieser Länder mangelt es Unternehmen nach wie vor an verlässlichem Zugang zu langfristigem Kapital, um wachsen zu können und sich weiterzuentwickeln. Diese Lücke schließen Entwicklungsfinanzierer, die Unternehmen finanzieren und beraten, die in diesen Zielländern aktiv sind.
Auf europäischer Ebene haben sich 15 bilaterale Entwicklungsfinanzierer, die den Auf- und Ausbau des Privatsektors fördern, im EDFI-Verbund zusammengeschlossen, dem auch die DEG angehört. Die EDFI-Mitglieder haben in den letzten zehn Jahren ihre Finanzierungen für Vorhaben in Entwicklungs- und Schwellenländern verdreifacht. Zusammen stellten sie allein im Jahr 2015 rund 6 Milliarden Euro für unternehmerische Investitionen bereit.
Die Bestandskunden der 15 europäischen Entwicklungsfinanciers beschäftigen zwei Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Weitere zwei Millionen Menschen sind bei Portfoliounternehmen von Fonds und Kunden von Finanzinstituten tätig, die eine Finanzierung von EDFIs erhalten haben. Die mitfinanzierten Unternehmen tragen auch in erheblichem Umfang zum Steueraufkommen in Entwicklungsländern bei. Zudem ermöglichen die EDFI-Finanzierungen Investitionen, die Menschen vor Ort den Zugang zu Energie, Information und Kommunikation erleichtern.
Dauerhafte Entwicklung im Blick
Um dauerhaften unternehmerischen Erfolg und Entwicklung zu fördern, ist es erforderlich, langfristig zu denken und zu handeln. Dazu gehört, dass Entwicklungsfinanzierer für den privaten Sektor Unternehmen verlässlich begleiten, gerade auch in schwierigeren wirtschaftlichen oder politischen Phasen. Dabei geht es nicht nur darum, den Unternehmen langfristige Finanzierungen für ihre Vorhaben bereitzustellen. Die Beratung bildet eine weitere wichtige Komponente, etwa zur Umsetzung von internationalen Umwelt-, Sozial-, Menschenrechts-und Corporate Governance-Standards. Hier können Development Finance Institutions (DFI) ihre umfassende Erfahrung einbringen. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag, um international anerkannte Standards in Ländern zu verbreiten, in denen diese zumeist noch nicht etabliert sind.
Maßstab der unternehmerischen Entwicklungszusammenarbeit sind die IFC Performance Standards, die von der zur Weltbank-Gruppe gehörenden International Finance Corporation definierten internationalen Standards zu Umwelt- und Sozialaspekten für privatwirtschaftliches Handeln, die „Environmental, Health and Safety Guidelines“ der Weltbank-Gruppe sowie die Konventionen der International Labour Organisation (ILO).
Dass sich ein zukunftsweisendes Umwelt- und Sozialmanagement für Unternehmen auch wirtschaftlich lohnt, zeigt etwa das Beispiel des Textilherstellers DBL in Bangladesch: Das von der DEG mitfinanzierte Unternehmen investierte nicht nur in Gebäude-, Feuer- und Elektrosicherheit, sondern auch in ein Textilschulungszentrum, in ein Gesundheitszentrum und in einen unternehmenseigenen „Fair Price Shop“. Mit diesen Neuerungen hat DBL nicht nur die Zufriedenheit der Beschäftigten erhöht, sondern auch die Produktivität des Unternehmens verbessert.
Rahmenbedingungen: wichtige Voraussetzung
Privatwirtschaftsförderung trägt wesentlich dazu bei, Arbeit, Einkommen und Perspektiven für Menschen in Entwicklungsländern zu schaffen. Um die globalen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, ist es sinnvoll und erforderlich, den Privatsektor einzubinden. Auf diesem Weg kann nicht nur privates Kapital mobilisiert werden, die internationale Entwicklungszusammenarbeit kann auch an der im Privatsektor vorhandenen Erfahrung etwa in Hinblick auf erfolgreiche Qualifizierung und Weiterbildung von Beschäftigten partizipieren.
Privatwirtschaftliche Entwicklung zu fördern bedarf der Anstrengungen aller. Regierungen, Geber und Entwicklungsbanken können unternehmerisches Handeln unterstützen, indem sie förderliche Rahmenbedingungen für private Unternehmen schaffen. Dazu zählen zum Beispiel Investitionen in Bildung, Gesundheit, in die Bereitstellung der Infrastruktur, ohne die eine Integration in globale Wertschöpfungsketten nicht möglich ist, ein Investitionsklima, das die Investitionsrisiken für Unternehmen begrenzt, gute Regierungsführung und nicht zuletzt ein verlässliches Rechtssystem. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist mit ihren Schwerpunkten in diesen Bereichen tätig. Diese wichtigen Entwicklungsbeiträge noch gezielter darauf auszurichten, die Bedingungen für nachhaltiges privatwirtschaftliches Handeln zu verbessern, das ist das Gebot der Nachhaltigkeitsagenda 2030. Damit wird es auch für Entwicklungsfinanzierer wie die DEG leichter, die nicht unerheblichen wirtschaftlichen Risiken, die sie bei der Förderung privater Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern naturgemäß eingehen, auf Dauer tragen zu können.