Entwicklungspolitik galt lange Zeit in vielen europäischen Staaten als technokratisch geprägtes Politikfeld, dem nur eine geringe Aufmerksamkeit in öffentlichen Debatten zuteil wurde. In jüngerer Zeit jedoch scheinen Entwicklungspolitik und internationale Kooperation – nicht zuletzt durch die COVID-19 Pandemie – verstärkt zum Gegenstand von kontroversen Debatten in Parlamenten, Medien oder auf exekutiver Ebene zu werden.
Ein gerade erschienenes Sonderheft des Journal of Common Market Studies (JCMS) untersucht, inwiefern tatsächlich eine Politisierung der Entwicklungspolitik auf EU-Ebene und in den Mitgliedstaaten festzustellen ist und welche Faktoren diese beeinflussen. Das von den wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) Christine Hackenesch und Julian Bergmann zusammen mit Jan Orbie (Universität Gent) herausgegebene Sonderheft umfasst zehn Beiträge, die unterschiedliche Aspekte von Politisierung in Arenen wie dem Europäischen Parlament, nationalen Parlamenten, in den Medien oder in Bezug auf die öffentliche Meinung analysieren. Insbesondere im Zusammenhang mit migrationspolitischen Maßnahmen seit 2015 zeigt sich eine stärkere Polarisierung der europäischen Entwicklungspolitik, die teilweise auch von rechtspopulistischen Parteien befeuert wird. Gleichzeitig zeigen einzelne Beiträge auch, dass in afrikanischen Ländern eine verstärkte Politisierung der Zusammenarbeit mit europäischen Partnerländern erfolgt ist, insbesondere in Zusammenhang mit der Förderung von LGBTI-Menschenrechten und in Bezug auf die EU-Handelspolitik. Dies hat wiederum auch dazu geführt, dass sich die europäische Seite um Depolitisierung bemüht.
Das JCMS-Sonderheft und die einzelnen Beiträge sind unter folgendem Link frei verfügbar: