Das Global Policy Centre Seoul des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) hat drei virtuelle Diskussionen zu den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die internationale Zusammenarbeit organisiert. An der letzten Sitzung am 16. April mit 200 Zuhörer*innen nahm auch die stellvertretende Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), Imme Scholz, teil. Sie hob hervor, dass die COVID-19-Pandemie wahrscheinlich typisch für die globalen Krisen sei, die das 21. Jahrhundert prägen werden: Sie habe komplexe Ursachen und Wirkungen; unzureichend bereitgestellte (globale) öffentliche Güter verschärften die sozialen und ökonomischen Kosten der Krise. Nun müsse in die Resilienz von Gesellschaften investiert werden. Hilfsmaßnahmen und Konjunkturprogramme im Zuge der Coronakrise seien an den SDGs und der Prävention von Klimakrisen zu orientieren.
Jorge Chediek, UN Office for South-South Cooperation, erwartet, dass es zu einem Abbau der Globalisierung kommen werde. Dies stelle auch exportorientierte Entwicklungspfade in Frage. Die hohen Haushaltsdefizite, die durch die enormen Hilfsprogramme in den reichen Ländern entstünden, seien eine Gefahr für das globale Finanzsystem; die Budgets für die internationale Zusammenarbeit würden sinken.
Tony Pipa, Brookings Institution, forderte, die Handlungsfähigkeit des multilateralen Systems zu stärken. Die UN sollten sich auf ihre Normen besinnen und als ein vernetzt handelndes System erneuern. Die Pandemie zeige, dass die gegenwärtige finanzielle Zusammenarbeit dysfunktional sei: Nötig seien gemeinsame Normen und Kooperationsstrukturen für alle großen Entwicklungsbanken. Traditionelle und neue Geber müssten dringend ein gemeinsames Verständnis über Ziele und Kriterien der EZ erreichen.
Sachin Chaturvedi, Research and Information System for Development Countries (RIS), stellte fest, dass COVID-19 zu einer universellen Krise geführt habe, auf die auch der Norden bemerkenswert schlecht vorbereitet gewesen sei. Ethische Grundsätze wie die Menschenrechte seien nun zentral, um die Globalisierung gerecht zu gestalten, globale öffentliche Güter bereitzustellen, in Forschung und Entwicklung zu kooperieren und in regionale Kooperation zu investieren. Die UN – insbesondere die Weltgesundheitsorganisation (WHO) – bräuchten endlich Sanktionsrechte.
Stephan Klingebiel, UNDP Global Policy Centre Seoul, stellte fest, dass die nächsten Monate zeigen würden, ob die COVID-19-Pandemie die Krise des multilateralen Systems beschleunigen oder eine mutige Reform ermöglichen werde.
Eine Aufzeichnung des Webinars finden Sie hier: